In einer Zeit des globalen Wandels, in der jahrzehntealte Strukturen zusammenbrachen, kam ich 1989 in der Sowjetunion zur Welt. Mein Geburtsjahr fiel mit dem Fall der Berliner Mauer zusammen, einem Wendepunkt, der den Niedergang der alten Weltordnung markierte.

Wenn Strukturen, die über Jahrzehnte aufgebaut worden sind, sich plötzlich ohne Übergangszeit auflösen, entsteht ein Vakuum, in dem jedes aufkommende System versucht, seine eigene Ordnung zu etablieren. In solchen turbulenten Zeiten, in denen viele Stimmen und gesellschaftliche Systeme lautstark ihre Ansprüche geltend machen und jede Gruppe ihre eigene Architektur durchsetzen möchte, sind Vertreibungen, Leid und Krieg oft unvermeidbare Zustände.

Diese Zustände erlebte ich in Tschetschenien, einer kleinen Region, die sich gegen die russische Vorherrschaft auflehnte und gleichzeitig einen internen Bürgerkrieg austrug – zwischen dem Streben nach Demokratie und der Errichtung eines islamischen Regimes, wobei Letzteres durch aggressives Vorgehen zunehmend an Einfluss gewann.

Meine Kindheit war ein Schlachtfeld, ohne Spielzeuge, doch reich an den Geräuschen von Panzern und dem Zischen der Raketen. Statt Bildung und Aufklärung, umgab uns der radikale Mantel der Religion. Nur unser liberales Zuhause bot mir einen Funken der Freiheit, der meine Seele nährte.

Mit dreizehn Jahren, nachdem der Krieg uns die Liebsten nahm und unser Heim in Trümmer legte, floh meine Mutter, tapfer und entschlossen, mit uns, ihren beiden Söhnen, ins ferne Deutschland. Dort suchten wir Schutz, Hoffnung und einen neuen Anfang in der Stille des Friedens.

Europa wird geschichtlich als die „alte Welt“ bezeichnet, die für uns jedoch eine neue Welt war – eine Welt, in der Demokratie, Freiheit, Humanität und Vielfalt herrschen.

Deutschland war für mich ein Land wie aus einem Traum. Die Menschen lebten in Frieden und individueller Entfaltung. Alle konnten sich frei kleiden, frei sprechen, frei bewegen, sich sogar öffentlich lieben ohne die Furcht zuhaben, dafür verurteilt zu werden. Diese überwältigende Vielfalt faszinierte mich, sie war für mich wie ein Regenbogen, eine Befreiung aus der Dunkelheit des Leides und des Krieges.

Meine Leidenschaft, anderen Menschen zu helfen, lenkte mich beruflich in den medizinischen Bereich, in dem ich einen Sinn fand.

Doch zahlreiche Fragen, die mein Leben lang an meiner Seite wandeln, hallen oft ohne Antwort wider: Was bedeutet Freiheit wirklich? Wie tief sitzen die Prägungen von Erziehung und Sozialisation in uns, und welchen Mut erfordert es, diese imaginäre Fesseln zu sprengen? Was bedeuten Identität und Nationalstolz? Fragen über Glauben und Moral, über den Menschen und seine Haltepunkte im Sturm der Zeit…

Für viele dieser Fragen spürte ich tief in meinem Inneren eine Resonanz, doch die passenden Worte fehlten mir oft. In der Malerei jedoch fand ich eine Sprache, die meine Emotionen und Gedanken auf eine Weise ausdrückt, die meinen Empfindungen gerecht wird. Diese Kunstform ermöglicht es mir, die Nuancen meiner Erfahrungen und Überlegungen in Farbe und Form zu erfassen und zu teilen, wie ich es in Worten allein nicht könnte.

Meine Kunst ist ein Spiegel meiner Beobachtungen und Erfahrungen. Ich strebe nicht immer danach, etwas völlig Neues zu erschaffen, vielmehr geht es darum, einen Dialog zu fördern.

Denn wahres Verstehen entsteht nicht aus einer einzigen Perspektive, sondern aus vielen Blickwinkeln, die das Verständnis bereichern. Austausch und Brücken zu bauen und miteinander in Dialog zu treten, schafft Verständnis und Frieden.

Ich lade Sie herzlich dazu ein, sich an diesem Austausch zu beteiligen. Ich freue mich über jede Nachricht und jede Perspektive, die dazu beiträgt, unser Miteinander zu vertiefen.